Alpbach: Stunde 0


Das Europäische Forum Alpbach wirft seine Schatten schon bei meiner Abreise voraus. Im heutigen Fall übernimmt ein Sauwetter mit Regen und Nebel, das sich über halb Europa auszubreiten scheint, besagte Schattenwürfe. Unsere immer größer werdende Südtiroler Delegation, die sich mit dem Zug gen Alpbach bewegt, wird mit den nassen Grüßen aus der Tiroler Wetterküche wieder am Bahnhofsvorplatz von Brixlegg konfrontiert. Für mich, einem Alpbach-Novizen, und nur dürftig mit einem papierdünnen Jäckchen den Naturgewalten ausgeliefert, Grund genug, vor dieser Kulisse in Ehrfurcht zu erzittern. Dies, bis nach einer akademischen Viertelstunde Wartezeit der Shuttle-Bus anfährt, welcher sich im Regenchaos unbeirrt seinen Weg ins tief der Bergwelt ausgesparte Tal bahnt. Im Dorf angekommen, wird im Regen reger verbaler Austausch mit der Hauswirtin unserer, wie sich herausstellt, äußerst heimeligen Unterkunft, dem berühmten Haus Barbara, betrieben, auf dass man uns doch im faradayschen Käfig dorthin geleite. Wunsch erfüllt, beziehen wir dort die Zimmer, um nur kurze Zeit später den holzumsäumten Weg nach Alpbach Downtown zu wählen.

Nach einer juten Jause im Jakober steht die Akkreditierung im Kongresszentrum an. Wir platzen situationsgerecht, wie ein unerwarteter Regenguss, mitten in die Einführungsrede des Standing Committees, beschränken uns allerdings darauf, nur die Stühle der vorletzten Reihe im Schrödinger-Saal zu benetzen und besetzen. Franz Fischlers Fortissimo folgt ein kaum kakophon kratzendes Konzert für Flöte, Cello und Akkordeon, um schlussendlich alles im Finale furioso von Mallika Dutts Plädoyer gegen Gewalt an Frauen münden zu lassen. Im Geiste Joe Zawinuls verjazzen Franz Hackl an der Trompete und Michael Wolff am Piano Tiroler Volksweisen zu wahren Jams, wirbeln genug Staub auf, um die Bühne für die Präsentation der Seminare freizufegen. Schon leicht schläfrig von den Strapazen des ersten Tages, ist meine Schreibhand einer schriftlichen Dokumentation des Geschehenden nicht mehr Herr, und beschränkt sich auf Kurz-Kritzeleien eines jeden Vortragenden, wie dem nachfolgenden Bildmaterial zu entnehmen ist. Ein Buffet, überlaufener als die Bozener Lauben bei der Lorenzinacht, bildet den Auftakt des ersten, selbstredend unvergesslichen Alpbacher Abends, den zu beschreiben es einen nüchternen, zwölfhändigen, tippwütigen Chronisten benötigte…

Felix Obermair

Alpbach, den 13. August 2014