Zu Besuch bei Lois Hechenblaikner


Als Studentin der Landschaftsplanung ist mir im Zuge meines Studiums ein Bildband des Tiroler Fotografen untergekommen, der die Verbauung der alpinen Landschaft sehr eindrucksvoll und kritisch festhält. Daher war ich sehr überrascht und erfreut, seinen Namen im Kulturprogramm des EFA vorzufinden.

Lois Hechenblaikner dokumentiert seit Jahrzehnten, wie sich seine Heimat unter dem Mantel des Massentourismus und all seinen Begleiterscheinungen verändert. Der Winkel seiner Kamera reicht dabei von Makroaufnahmen – Großveranstaltungen, wie sportlichen Events und Volksmusikkonzerten, der Bebauung alpiner Landschaften – bis hin zu Mikroaufnahmen – mit denen er Hoteleinrichtungen und Sympathisanten diverser Veranstaltungen festhält.

An einem verregneten Donnerstagnachmittag bringt uns der Bus talauswärts, von Alpbach nach Reith im Alpbachtal, um Lois bei seinem „Offenen Ateliertag“ kennen zu lernen. Das „Open Studio“ ist eines von Dreien, das im Rahmen des Kulturprogrammes des EFA angeboten wird und einen Blick hinter die Kulissen eines freischaffenden Künstlers gewährt. Allerdings scheinen wir die einzigen Interessenten vom Forum zu sein, die sich heute in das nah gelegene Nachbardorf zu einem höchst kritischen Fotografen gewagt haben.

Mit einem kräftigen Händedruck werden wir von Lois in seinem Landhaus empfangen und ins Atelier geführt, wo wir sogleich vor ein Rätsel gestellt werden. Ein überdimensionales Bild, das wie eine Collage aus vielen kleinen bunten Ausschnitten erscheint, entpuppt sich als Fotografie einer Deponie tausender geschredderter Skis und Snowboards. Der Abfall einer Wintersaison, so klärt uns Lois auf und benennt die Müllhalde Wohlstandsdeponie.

Für die Bearbeitung einer Aufnahme sitzt der Kritiker im Schnitt fünf Stunden vor einem seiner Computerbildschirme. Die vielen Arbeitsstunden haben sich gelohnt und spiegeln sich in seinem Lebenslauf wider. Lois hat bereits einige Bildbände und Publikationen veröffentlicht und zahlreiche Ausstellungen hinter sich. 2012 wurde er mit dem King Albert Mountain Award für seine Werke ausgezeichnet.

Lois Hechenblaikner

Das Leben beziehungsweise Überleben in der Welt der Fotografen ist schwierig, meint Lois. Doch sieht er sich als Chronist der Verbauung der Alpen, der Entwicklung und Etablierung des Homo touristicus und der Synthetisierung der Tiroler, wie Lois die verkaufte Kultur liebevoll bezeichnet, als etwas Besonderes und ich mag ihm dabei Recht geben.

Der Künstler zeigt schmunzelnd auf eine Aufnahme von zwei jungen Männern auf einem Volksfest und erklärt uns, dass dies Andreas und Reinhold sind – benannt nach den bekannten Persönlichkeiten Andreas Hofer und Reinhold Messner. Nach etwa zwei Stunden sind unsere Köpfe reich an Aufnahmen und den dazugehörigen Geschichten, unsere Emotionen zwischen Lachen und Weinen, Aufschreien und Verzweifeln.

Die frische Luft erfrischt unsere Geister. Beruhigt fahren wir zurück nach Alpbach, wo das Green Meeting im „Grünen“ erscheint und die Synthetiktiroler noch nicht aufgetaucht sind. Oder doch? „Bei ins in Alpbach isch olls künstlich“, so ein junger Alpbacher Dorfmusikant vor einem Konzert, auf die Frage ob der Echtheit seines Hutschmuckes.

Bei näherem Interesse können zahlreiche Werke auf der Homepage des Fotografen betrachtet werden. www.hechenblaikner.at

von Marlis Pardeller

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P.S. Kaffee zum Mitnehmen – gibts jetzt auch auf der Alm