Der CASA in Rom: Beobachtungen von Felix Obermair


Vom 12. bis 15. Mai durfte ich als Teilnehmer einer etwa 6- bis 8-köpfigen Exkursion des Clubs Alpbach Südtirol Alto Adige unserer Hauptstadt Rom einen Besuch abstatten.

Die römische Szenerie ist für einen Ortsfremden wie mich so überwältigend wie erdrückend: die antiken Ruinen, mittelalterlichen Häuser, monumentalen Sakralbauten überwältigen, das enge Gassenwerk, die unerbittliche Sonne, der Touristenstrom im noch strömenderen Verkehrsfluss erdrücken.

CASA Roma

Dies setzt sich in den Repräsentationsbauten der italienischen Republik fort: der formschönen Erscheinung der Fassaden des Palazzo Madama folgen im Inneren verwinkelte Gänge, künstlich belichtete Stiegenhäuser, Warteräume mit schweren Holzmöbeln und durchwegs stoffbespannte, schallschluckende Seitenwände. Da ist es doch erleichternd, auf die Tribüne zu treten und aus erhöhter Position die Tätigkeiten des Senats zu verfolgen. Es braucht eine Weile, und einiger Erklärungen unserer Präsidentin Petra, um dem Sitzungsverlauf auch inhaltlich folgen zu können, doch die einstudierte Abfolge an Arbeitsschritten und die erstaunliche Anzahl an Abstimmungen in kürzester Zeit beeindrucken. Ein nachfolgender Smalltalk mit Senator Hans Berger über die Südtiroler Interessensvertretung in Rom, die internationale Flüchtlingsproblematik und eine persönliche Bewertung der momentanen politischen Lage gestaltet sich sehr interessant und lässt uns fast das Abendessen mit dem SEL-Kammerabgeordneten Florian Kronbichler und dem Südtiroler und Wahlrömer Gustav Hofer, als Dokumentarfilmer (Italy: Love it or Leave It, What’s Left?) ein scharfsinniger Beobachter der italienischen Gesellschaft, verschwitzen. Zum Glück jagen die römischen Taxifahrer ihre Boliden durch die Nacht, als gäbe es kein Morgen, und wir können mit den zwei am Abendtisch über Gott und die Welt plaudern.

Apropos Essen: sogar für einen verwöhnten Südtiroler Gaumen ist Rom noch eine kulinarische Erleuchtung. Von der 5 € – Pasta mittags in der Bar um die Ecke bis zu den edlen Rigatoni alla pajata abends im römischen Ghetto, vom Frühstücks-Brioche bis zu den Appetithäppchen zum Aperitif – es will einfach keine Enttäuschung dabei sein.

Im Vergleich mit dem Senat ist der Eindruck, den die Abgeordnetenkammer hinterlässt, ein fast diametral entgegengesetzter: weitaus eindrucksvoller die Fassade des Palazzo Montecitorio, ob nun die protzig-konvexe auf die Piazza oder die protzig-geradlinige der Rückseite, hier versteckt sich zumindest oberflächlich nichts. Die weiten Flure und Salons, einladenden Polstermöbel und hohen Fensteröffnungen zum Innenhof können einer ‚Kammer‘ nicht gerecht werden. Zur architektonischen Genugtuung des Sitzungssaals gesellt sich die jedoch die morgendliche Ernüchterung, wohl nicht zur rechten Zeit am Ort zu sein: sehr schütter besetzte Abgeordnetenränge machen klar, dass die gerade verbal eloquent verpackte Rede wohl nicht die Geschicke der Republik beeinflussen wird. Wieder werden wir von Südtiroler Parlamentariern, Daniel Alfreider (SVP) und Luisa Gnecchi (PD) empfangen, die im Zwiegespräch sowohl die idealen Verhandlungsstrategien (Alfreider) als auch die charakterlichen Unterschiede der Parlamentarier und der sich daraus ergebende Umgang mit dem jeweiligen Tätigkeitsbereich (Gnecchi) erörtern und uns wieder wertvolle Eindrücke mit auf den Weg geben können.

CASA Montecitorio
Die abendliche Piazza Navona darf als Kulisse für ein Gespräch mit dem ZDF-Korrespondenten Alexander von Sobeck dienen. Der seit einem Jahr in Rom lebende und arbeitende, welterfahrene Journalist lockt anfangs ein Schmunzeln auf den Gesichtern der Anwesenden hervor, als er seine ersten Erfahrungen mit der italienischen Verwaltungsmühle und dem politischen Tagesgeschehen schildert, beeindruckt aber vor allem mit seiner Expertise der gesamteuropäischen politischen Wetterlage und der Flüchtlingspolitik. Die Zeit verstreicht auch hier, ohne dass wir es merken, und ich werde einmal mehr das Gefühl nicht los, mitten im Zentrum des (italienischen) Weltgeschehens zu sitzen. Dem Besuch des Südtiroler Außenamtes am nächsten Tag kann ich leider nicht mehr beiwohnen, die viel zu kurze Zeit in Rom wird mir aus obgenannten Gründen lange in Erinnerung bleiben.

Vielen Dank an Petra Malfertheiner und Katrin Niedermair, die diese besonderen Begehungen und Begegnungen ermöglicht haben und mein zukünftiges Verständnis der National- und Weltpolitik in Rom nachhaltig verbessert haben.

Felix Obermair